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Zischup-Interview

"Man durfte nicht kritisch sein"

  • Emma Schwabe, Klasse 9d, St. Ursula-Gymnasium (Freiburg)

  • Fr, 26. April 2024
    Schülertexte

     

Carola Schwabe ist in Kühlungsborn in der DDR geboren und dort zur Schule gegangen. Von ihren Erfahrungen, die sie von der vierten bis zur zehnten Klasse gemacht hat, berichtet sie in diesem Interview.

Carola Schwabe als Schulkind  | Foto: Privat
Carola Schwabe als Schulkind Foto: Privat
Zischup: Wie war es, in der DDR zur Schule zu gehen?
Schwabe: Von der ersten bis zur vierten Klasse war es schön, da man nichts hinterfragt hat und es wie eine heile Welt war. Doch je älter man wurde, desto mehr hat man realisiert, dass vieles nicht richtig ist. Im Unterricht durfte man keine kritischen Fragen gegenüber der Regierung stellen, da sonst die Lehrer*innen nach Hause gekommen wären und ein Gespräch mit den Eltern geführt hätten.

Zischup: Was für Fächer gab es?
Schwabe: In der Grundschule gab es Deutsch, Mathematik, Lesen, Rechtschreibung, Heimatkunde, Schulgartenunterricht und Werkunterricht. In der weiterführenden Schule bekamen wir dann ESP, also Einführung in die sozialistische Produktion, wo einem zum Beispiel Drechseln, Stanzen, Bohren und Hämmern beigebracht wurden. Dann gab es noch produktive Arbeit, wo wir handwerkliche Tätigkeiten nähergebracht bekommen haben. In Staatsbürgerkunde haben wir die Lehre der DDR und die sozialistische Lebensform kennengelernt. Als Sprache haben wir Russisch gelernt, aufgrund der Freundschaft mit der Sowjetunion. Dann gab es noch technisches Zeichnen, was man mit Kunst vergleichen kann. Physik, Biologie, Geographie, Deutsch, Mathematik waren weitere Fächer. Es gab keinerlei Ethik- oder Religionsunterricht.

Zischup: Wie war das Schulleben?
Schwabe: Es war insgesamt alles sehr organisiert. In der Grundschule gab es einen Hort, der von den Lehrer*innen gemacht wurde. Außerdem musste man von der ersten bis zur vierten Klasse ein Jungpionier sein. Von der fünften bis zur siebten Klasse war man dann Thälmannpionier, und ab der achten Klasse war man schließlich bei der FDJ, der Freien Deutschen Jugend. Der Klassenzusammenhalt war bei uns immer sehr gut, aber es gab Schüler*innen, die in vielen Sachen bevorzugt wurden, weil ihre Eltern in der SED waren (Die SED war die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, die in der DDR herrschte, d. Red.). Diese Schüler*innen durften dann auch Abitur machen, die anderen nicht. Auch die, die in der Kirche waren, wurden benachteiligt, denn sie durften keine Jugendweihe machen. Bei der Jugendweihe wurde man von der Gesellschaft ins Erwachsenenalter aufgenommen, doch es war sehr von der DDR geprägt, da man dort dem Staat ewige Treue schwören musste. In der Schule wurden sozialistische Lieder gesungen und man musste einen Eid sprechen. Bei den Schulversammlungen wurden Schulverweise öffentlich ausgesprochen, und einmal im Jahr kamen die Lehrer*innen nach Hause, um mit den Eltern zu sprechen.

Zischup: Wie waren die Lehrkräfte?
Schwabe: Sie waren immer relativ streng, natürlich gab es auch nette, aber es gab ein paar, von denen man wusste, dass sie in der SED waren. Bei ihnen musste man immer besonders aufpassen, was man sagt.

Zischup: Gab es AGs?
Schwabe: Nein, es gab keine AGs, aber man konnte Deutsch, Englisch und Französisch fakultativ machen.

Zischup: War die Notengebung so wie heute?
Schwabe: Es gab nicht in jedem Fach eine mündliche Note, sondern es gab eine Note, in der alle mündlichen Leistungen zusammengefasst wurden, doch der Rest war wie heute auch, also in jedem Fach wurde der Durchschnitt der schriftlichen Leistungen berechnet und als Note im Zeugnis dargestellt.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 26. April 2024: PDF-Version herunterladen

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