Der Horror der Kaminfegersklaven: Schüler aus Freiburg erkunden ihr vergessenes Schicksal / Von Stefan Hupka
Gentile hat die Hölle gesehen. Da war er noch ein Kind. Die Hölle, das war ein senkrechter Tunnel, schwarz, heiß, eng. Und er kam ihm endlos vor. "Ich konnte kaum mehr atmen. Panik erfasste mich, doch ich hatte keine Wahl. Es gab kein Zurück, nur ein Vorwärts. Ich bekam Platzangst und ich wusste, wenn ich nicht ersticken wollte, musste ich da hochklettern. Ich kam hoch und ich schämte mich so, dass ich als lebender Besen benutzt wurde."
Ein lebender Besen – das klingt grausam, würdelos und bizarr. Aber genauso war es. Der einzige Wert dieses kleinen, schmächtigen Gentile aus Malesco – er war damals, 1925, neun Jahre alt – und seine einzige Daseinsberechtigung bestanden darin, seinem Chef als Besen zu dienen, als lebende Schornsteinbürste für die verstopften, giftig verrußten Kamine wohlhabender Stadthausbewohner des Piemont.
So mancher Unglückliche musste schon irgendwann einmal im Leben durch die Hölle gehen. Gentile musste es bis zu dreißig Mal pro Arbeitstag. Und manchmal hätte die Hölle ihn beinahe nicht mehr lebend hergegeben.
"Eines Tages kamen wir in ...